Als erste am Einsatzort

„Wir sind das Bindeglied, das die wichtige Zeit zwischen einem Notfall und dem Eintreffen der Rettungskräfte überbrückt. Denn in dieser Phase kommt es häufig auf Minuten an, die über Leben und Tod entscheiden. Wir können diese Zeit gezielt nutzen“, beschreibt Anja Pfeiffer. Vor zwei Jahren ist die Physician Assistant Studentin zur Leiterin First-Responder der Freiwilligen Feuerwehr Treia gewählt worden. Seitdem arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Sven Pausen kontinuierlich an der Professionalisierung der Gruppe.

First-Responder werden immer dann alarmiert, wenn die Leitstelle Nord einen Notarzt zu einem Einsatz schickt. „Unsere Rettungsdienste sind sehr schnell“, betont Sven Paulsen, „aber gerade im ländlichen Bereich ist die geforderte Zeit von der Alarmierung bis zum Erreichen der Rettungskräfte am Einsatzort nicht immer einzuhalten.“ Dann kommen die First-Responder ins Spiel und übernehmen die Erstversorgung der Patienten. In Treia haben sich 21 Kameradinnen und Kameraden für die zusätzliche Arbeit als First-Responder in der Wehr entschieden. Im Schnitt werden sie zu 30 Einsätzen im Jahr gerufen – damit übernehmen sie einen großen Teil der Feuerwehreinsätze. Dazu kommen noch Übungseinheiten und Schulungen – ein erheblicher Aufwand, der das Engagement des gesamten Teams erfordert. „Wir haben ein großartiges Team“, betont Anja Pfeiffer. „Und uns alle treibt die gleiche Motivation an – wir wollen helfen.“ Und noch ein weiterer Faktor ist wesentlich: „Wir wollen natürlich möglichst alles richtig machen, an unseren Aufgaben wachsen und so immer besser werden.“ Regelmäßig werden deshalb Notfälle besprochen, Handgriffe und Abläufe geübt. Da ist es ein großer Vorteil, dass Anja Pfeiffer seit vielen Jahren unter anderem als Praxisanleiterin im Helios Klinikum Pflegekräfte ausbildet und in der Notaufnahme tätig war. Und auch ihr Arbeitskollege Sven Paulsen hat in der Krankenpflege gearbeitet, bevor er die Bereichsleitung für spezielle Pflege dort übernommen hat. Sie können viel Know-how an ihr Team weitergeben. „Wir möchten aber auch im Umgang mit speziellen und nicht alltäglichen Notfällen sicherer und routinierter werden“, erzählt er. „Denn nur, wer sicher ist, in dem, was er tut, der verliert auch die Angst davor – und kann im Ernstfall ruhig und überlegt handeln.“

Vor diesem Hintergrund haben die Zwei am vergangenen Samstag zum 1. Norddeutschen First-Responder-Tag ins Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Treia eingeladen. Teilgenommen haben 41 Kameradinnen und Kameraden aus Treia, Sylt, Viöl, Mohrkirch, Schwabstedt und Steinbergkirche. „Wir haben den Tag intensiv dazu genutzt, um uns kennenzulernen und auszutauschen“, erzählt die Leiterin. „Dieses Netzwerk ist so wichtig, selbst wenn wir uns im Einsatzalltag vermutlich kaum begegnen werden. Von den Erfahrungen der anderen profitieren wir alle.“

Neben Austausch und Netzwerken stand ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm auf der Agenda des Tages. So stellte sich die MANV-Einheit stellte sich vor und erklärte, wie sie beim Massenanfall von Verletzten agiert. Dr. Kai Berndt, Leitender Hubschrauberarzt im Christoph 42, referierte zum Thema kardiologische Notfälle und vermittelte neben physiologischen Grundlagen und typischen Symptomen auch gleich die entsprechenden Behandlungsoptionen: „Bei Kammerflimmern beispielsweise leisten die First-Responder in den ersten Minuten genau das, was auch der Rettungsdienst machen würde“, beschreibt er. „Nur sind Sie eben viel früher am Einsatzort und können wertvolle, oft lebenswichtige Minuten gewinnen.“ Dr. Urte Büßen, Chefärztin der Klinik für Pädiatrie am Helios Klinikum Schleswig sensibilisierte die First-Responder für pädiatrischen Notfällen: „Hier ist eines ganz wichtig: Ruhe bewahren. In vielen Fällen müssen die Eltern mehr beruhigt werden als die Kinder selbst. Wesentlich bei der Erstversorgung von Kindern sind Sauerstoff, Flüssigkeit und Schmerzmittel.“ Selbstverständlich hatten die Ersthelfer die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Die Referenten, die ihr Wissen ehrenamtlich teilten, beantworteten die Fragen gern und gaben hilfreiche Tipps für den Einsatz. „Die First-Responder-Teams dabei zu unterstützen, dass sie ihren Job gut machen können, ist für mich selbstverständlich“, betonte Dr. Frederick Palm, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Helios-Klinikum.

Am Ende des Tages waren sich alle einig: Der 1. Norddeutsche First-Responder-Tag war nur der Anfang. „Wir haben uns schon jetzt für das kommende Jahr verabredet. Uns allen haben das Kennenlernen, der Austausch und der große Know-how-Gewinn sehr gut gefallen“, fasst Anja Pfeiffer zusammen. „Das werden wir wiederholen, um noch sicherer und besser zu werden – für uns und vor allem für die Patienten in unseren Gemeinden, die sich auf uns verlassen.“

Beitrag veröffentlicht von:
Claudia Kleimann-Balke